So als ahnungsloser Neu-Hundehalter lernte ich ja immer gerne etwas dazu, ließ mich aber in meinem Zusammenleben mit Curtis auch immer schnell irritieren, irgendwem gelang es denn auch mich bezüglich unseres Zusammenlebens zu verunsichern. Mir wurde gesagt, dass Curtis keine Sicherheit gewinnen könne, wenn er immer bei mir sei, überall dort wo ich bin auch sein dürfte und dort auch einen Platz bekäme – ich sollte seine Liegeplätze abschaffen und ihm einen einzigen Platz in der Wohnung zuweisen, dort solle er dann auch schlafen und nicht mehr neben meinem Bett auf einer seiner Decken.
So lerne er, dass er in unserem Rudel nicht die Führung hätte, die würde er sich sonst nämlich anmaßen, sei damit aber überfordert.
Hmmmm.
Gefallen tat mir dieser Gedanke nicht aber wer weiß, dachte ich mir, vielleicht ist ja was dran?
Und baute den Liegeplatz neben meinem Schreibtisch ab.
Curtis lag den ganzen Tag auf den Fliesen. Er machte keinerlei Anstalten, auf seine Decke im Nebenraum zu gehen und dort gemütlich zu liegen. Also fragte ich bei meiner Trainerin nach – vielleicht war der Rat doch nicht so gut und es geht auch anders?
Von Henrike habe ich dann Gott-sei-Dank gelernt, dass ich mir wegen unserer Rudelstruktur keine Sorgen machen muss, die Rangordnung klärt sich nicht über Schlaf-/ Liegeplätze. Es gibt mittlerweile reichlich Studien, die Schlafplätze als begrenzte und auch durchaus begehrte Ressource einsortieren aber zu sagen, dass ein Hund der Schlafen darf wo er will, den Besitzer damit kontrolliert wäre eine zu grobe Vereinfachung. Die Rudelstruktur ist nämlich nicht (wie man früher dachte) hierarchisch (über + unter geordnet in einer Linie) sondern dyadisch. Man spricht heutzutage von dyadischen Beziehungen d.h. A könnte über B dominieren, B über C, und C wiederum über A. Wenn die Hunde es denn wollen – hat ein “ranghohes” Tier zum Beispiel einfach gerade keine Lust seinen Knochen zu verteidigen – wird er es auch nicht tun und andere können die Ressource (Knochen) haben.
Dr. Dorit U. Feddersen-Petersen hat in ihrem Buch “Ausdrucksverhalten beim Hund” in einer Randbemerkung zu einem Foto (es zeigt einen Menschen kuschelnd mit seinem Hund auf dem Sofa) folgendes geschrieben: “Kontaktliegen zwischen Mensch und Hunden als Ausdruck stabiler Bindungen”. Und wenn Dr. Feddersen-Petersen sich nicht mit Hunden auskennt, dann weiß ich nicht wer?
Ich lernte, dass wir unsere Hunde nicht von unseren Führungsqualitäten überzeugen, indem wir ihnen immer “alles” verbieten, sondern indem wir sie mit Liebe und Konsequenz lenken und sie sich darauf verlassen können, dass wir für ihr Wohlergehen sorgen wenn sie uns folgen.
Es ist ja nicht derjenige ein “Anführer” der dies mit Zwang durchsetzt, sondern der “Anführer” ist derjenige, dem andere aufgrund von anerkannter Bereitschaft, Kompetenz und Erfahrung folgen, nur so kann der Anführer langfristig erfolgreich sein.
Mit Erleichterung nahm ich zur Kenntnis das Curtis auch mit in meinem Bett schlafen dürfte (was er sicherlich gerne tun würde aber keinesfalls in Frage kommt – so ein Tier im Bett, das mitten in der Nacht meint, jetzt sei ein schöner Zeitpunkt zur Fellpflege – geht gar nicht. Da denken wir noch nicht einmal an das ganze Gestrampel und Gerenne in seinen Träumen. Und er fusselt. Nee, liebe Freunde, echt nicht – so sehr ich Curtis liebe aber – echt nicht), er hätte deshalb nicht die Hosen an. Ich müsste (theoretisch) immer nur mal wieder überprüfen, dass ich ihn lenken kann, er also auf Kommando jederzeit das Bett verlassen würde (und dabei auch noch happy ist, denn Frauchen hat immer Recht und weiß was gut ist).
Der Alphatier-Irrtum käme übrigens daher, dass ein bekannter Ethnologe & Wolfsforscher seine Beobachtungen an Gehege-Wölfen gemacht hat, in Gefangenschaft bildet sich bei Wölfen tatsächlich eher ein hierarchisches System. Bei freilebenden Wölfen ist dies nicht so. Lernte ich dann auch gleich.